M&A Hackathon im Legal Innovation Hub Reinvent Law – Ein Werkstattbericht

von Ingmar Oltmanns und Sebastian Schaub 

Am 16. November 2018 fiel der Startschuss für den zweitägigen M&A Processes Hackathon, der im Legal Innovation Hub Reinvent Law in Frankfurt stattfand. Reinvent Law stellt seinen Kooperationspartnern und den dort ansässigen Legal-Tech-Startups ein Eco-System bereit, das ihnen ermöglicht, sich dort mit den Themen Innovation, Digitalisierung und Legal Tech fokussiert zu befassen. Die internationale Wirtschaftskanzlei Baker McKenzie und weitere Kooperationspartner des Innovation Hub – die Daimler AG, ZF Friedrichshafen AG, ING-DiBa AG und Legal Tech Lab Frankfurt – waren am Hackathon beteiligt.

Ziel eines Hackathons ist, in einem begrenzten Zeitfenster eine eigene Idee eines Legal-Tech-Tools zu entwickeln, zu programmieren und gegenüber einer Jury zu präsentieren.

Fünf Teams – fünf Softwarelösungen

Beim Hackathon ging es für die fünf teilnehmenden Teams darum, innerhalb der vorgegebenen Zeit Softwareprodukte zu entwickeln, diese zu programmieren und die Jury von der eigenen Lösung zu überzeugen.

Jedes Team setzte sich zusammen aus Jura-Studierenden, IT-Studierenden, einem Baker-McKenzie-Anwalt und einem Inhouse-Counsel eines anderen Kooperationspartners. Im Vordergrund des Hackathons stand, Legal-Tech-Tools zur Optimierung, Steuerung und Abwicklung von komplexen M&A Prozessen zu entwickeln.

Design Thinking

Beim Entwickeln der Ideen griffen die Teams auf Design Thinking zurück. Dieser Ansatz greift auf Methoden aus dem Design-Bereich zurück und stellt die Sicht des Nutzers in den Fokus.

Probleme können besser gelöst bzw. Ideen besser entwickelt werden, wenn Personen in interdisziplinären Teams in einer die Kreativität fördernden Umgebung zusammenarbeiten – so die Annahme, die Design Thinking zugrunde liegt.

Die Nutzer der zu entwickelnden Legal-Tech-Tools sind in erster Linie Anwälte internationaler Wirtschaftskanzleien und Inhouse-Counsel. In jedem Team gab es daher einen potenziellen Nutzer des Legal-Tech-Tools, das die Teammitglieder gemeinsam entwickelten. Dieser konnte über täglich aufkommende Fragen und Bedürfnisse aus der Berufspraxis berichten.

So konnten die IT-Programmierer besser begreifen, welche Funktionen und Eigenschaften das Legal-Tech-Tool haben muss, um in der Praxis einen tatsächlichen Nutzen zu genieren. Für die Anwälte in den einzelnen Teams bot sich ein wichtiger Erkenntnisgewinn: Der vertiefte Einblick in die Perspektive und an die Anforderungen eines Inhouse-Counsel.

Den Nicht-IT-lern vermittelten die Digital-Experten Möglichkeiten der Technik. Sie verstanden in der kreativen Zusammenarbeit auch besser, wie diese sinnvoll zum Einsatz kommen kann.

Kurz: Die Design Thinking Methode führte den Teilnehmern vor Augen, wie wichtig es für die Entwicklung und Umsetzung innovativer Ideen ist, eng in interdisziplinären Teams zusammenzuarbeiten, das Konzept aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und stets zu hinterfragen.

Eigene Konzepte entwickeln

Neben definierten Challenges war es den Teams freigestellt, eigene Konzepte zu entwickeln. Mehrere Teams entschieden sich für die Challenge 1. Bei ihr stand die Visualisierung von Verhandlungsfortschritten und -entwicklungen im Fokus.

Eines der fünf Teams entwickelte z.B. ein Legal-Tech-Tool, das dem Nutzer aufzeigen soll, wie sich einzelne Klauseln in einem Unternehmenskaufvertrag, dem Share Purchase Agreement (kurz SPA), im Laufe der Vertragsverhandlung verändert haben und ob die Veränderung tendenziell käufer- oder verkäuferfreundlich ist.

Ein anderes Team nahm sich der Challenge 3 an. Diese sah die Integration einer Datenbank vor. Das Team entwickelte ein Legal-Tech-Tool, mit dem sich die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse verschiedener Zielgesellschaften grafisch darstellen lassen.

Das Gewinnerteam „Big Picture“ verfolgte einen ganz anderen Ansatz: Es löste sich von den vordefinierten Challenges und entwickelte ein eigenes Konzept mit der Projektfrage nach dem „Stand der Dinge?“ – eine Frage, die sich nicht nur in M&A Prozessen stellt, sondern in allen Projekten, in denen verschiedene Länder und/oder Rechtsgebiete involviert sind.

Um diese Frage schnell und präzise beantworten zu können, sah „Big Picture“ vor, dass man ausgetauschte Informationen, v.a. E-Mails und Dokumente, per Texterkennung auswertet und anschließend dem jeweiligen Land und/oder Rechtsgebiet zuweist.

Die kategorisierten Informationen werden in einem Entwicklungsdiagramm grafisch dargestellt. Dieses entwickelt sich permanent fort und liefert dem Nutzer umgehend die Informationen, die er benötigt. Die visuelle Darstellungsform war gewinnentscheidend.

Präsentation, Jury & Ausblick

Die Ergebnisse präsentierten die Teams der Jury. Diese bestand aus folgenden Mitgliedern (alphabetisch sortiert): Dr. Pietro Brambilla (Daimler AG), Markus Hartung (Bucerius Center on the Legal Profession), Manfred Schick (ING-DiBa AG), Dr. Matthias Scholz (Baker McKenzie), Dr. Lena Wallenhorst (Kion Group AG).

Einige Teams, darunter das Gewinnerteam „Big Picture“, werden ihre Ideen und Prototypen weiterentwickeln.