Legal Tech in Deutschland: Wachstum zieht an!

In die Legal Tech Szene in Deutschland kommt seit einiger Zeit richtig Bewegung. Gründerszene hat bereits einen “Legaltech-Hype” ausgemacht. Es tut sich in der Tat viel: In den letzten Monaten haben u.a. Bahn-Buddy.deCompensation2Go.deLegalbase.de, MyRight.deRightmart.de und WirkaufendeinenFlug.de gelauncht und bieten ihre Services an.

Eine unlängst veröffentlichte Studie der Boston Consulting Group und der Bucerius Law School mit dem Titel “How Legal Technology Will Change the Business of Law” greift diese Entwicklung auf. In der Studie wird umfassend dargestellt, wie juristische Berufe und Geschäftsmodelle sowie Organisationsstrukturen von Kanzleien durch Legal Tech in Frage gestellt werden. In großen Publikationen, wie z.B. JuveLTO und demHandelsblatt, wurde das Thema Legal Tech eingehend beleuchtet und für ein großes Publikum aufbereitet.

Mittlerweile spricht sich offenbar auch bei immer mehr Anwälten, Kanzleien und Rechtsabteilungen herum, dass es sinnvoll ist, sich intensiver mit dem Thema Legal Tech zu beschäftigen. Viele realisieren, dass Legal Tech nicht nur eine nette Spielerei, sondern ein zentraler Baustein für Anwälte und Kanzleien ist, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben. Viele haben augenscheinlich verstanden, dass die allseits beschworene Digitalisierung nicht vor dem Anwaltsberuf und der Rechtsbranche Halt machen wird. Autoren, wie Richard Susskind, die dies bereits seit vielen Jahren predigen, werden zunehmend gehört. Eine ganz ähnliche Entwicklung gab es vor zwei bis drei Jahren in den USA. Auch dort wurde das Thema anfangs eher müde belächelt. Mittlerweile treffen sich bei den Branchentreffen mehrere hundert Personen und Firmen, die ihre innovativen Produkte präsentieren. Diese “Welle” ist vor ca. 18 Monaten nach England geschwappt, wo sich mittlerweile eine veritable Legal Tech Community, insbesondere in London, etabliert hat.

Nun ist offenbar Deutschland an der Reihe. Legal Tech steckt zwar in den Deutschland noch in den Kinderschuhen. Es hat sich aber bereits eine kleine, aber feine “Legal Tech Szene” gebildet. Es gibt viele erfolgreiche Firmen im Legal Tech & Legal Innovation Markt: Im Bereich der Vermittlung von Anwälten sind z.B. 123recht.net, Frag-einen-anwalt.de (rund um Gründer Michael Friedmann), FragRobin.deJurato.de (rund um Gründer Philipp v. Bülow), Klientus.de sowie  Legalbase.de aktiv. Weitere Anbieter sind z.B. Advocado.de, Anwalt.de, Anwalt24.deAnwaltsauskunft.deAnwaltinfos.de,Anwaltsuche.de, Bewertet.de, DASD.de, E-Recht24.de,Justanswer.de und Rechsanwalt.net. Jurato.de und Advocado.de bieten auch Tools zur Aktenpflege, zur Zahlungsabwicklung und zur Kommunikation mit dem Mandanten (Kanzleimanagement) an.

Ein weiterer Bereich in dem Legal Tech bereits erfolgreich eingesetzt wird, ist die Generierung von individuell angepassten Verträgen bzw. Rechtsdokumenten. Hier sind Agreement24.de, Firma.de, Janolaw.de und Smartlaw.de prominente Beispiele. Synerigst.io bietet eine innovative Plattform an, auf der Verträge verhandelt werden können. Im Bereich Legal Billing ist das Unternehmen BusyLamp.com aktiv, das die Zahlungsabwicklung zwischen Unternehmen und Anwälten/Kanzleien transparenter macht. Edicted.de, Perconex.de und XenionLaw.com bieten für unterschiedliche Zielgruppen Personallösungen (Legal Outsourcing) an. Tools4Legal.com bietet Beratungsdienstleistungen für Legal Tech Themen an.

Eher im Kernbereich von Legal Tech sind Unternehmen wie Lexalgo.com,knowledgeTools.de und Leverton.de zu verorten. Lexalgo setzt Legal Tech ein, um juristische und weitere regelbasierte Prüfungen teilzuautomatisieren. Eine eher versteckte Perle ist das Unternehmen knowledgeTools, das Lösungen für Vertragsgeneratoen und -management, Riskoanalyse, Massenverfahren und Claimmanagement bereithält. Leverton hingegen ist auf die intelligente Informationsextraktion aus Verträgen, insbesondere im Real Estate Bereich, spezialisiert. Leverton entwickelt und nutzt in diesem Bereich speziell entwickelte Deep Learning Tools, um die Bearbeitung und das Management von Verträgen zu automatisieren.

Im Bereich der Digitalisierung von Massenverfahren sind Unternehmen wieAirHelp.deCompensation2Go.deEuclaim.de, Euflight.de, Flightright.de, Flug-Erstattung.deFairplane.de, Getairhelp.comWirkaufendeinenFlug.de und weitere Firmen aktiv. Sie haben Lösungen geschaffen, die es Flugkunden ohne eigenes finanzielles Risiko ermöglicht, ihre Recht gegenüber Fluggesellschaften schnell und einfach durchzusetzen. Bahn-Buddy.de und Zug-Erstattung.de bieten einen ähnlichen Service für Bahnkunden an. Anbieter, wie z.B. Rechtohnerisiko.de von Dr. Gernot Halbleib, helfen bei der juristischen Durchsetzung der Rückzahlung der sog. Vorfälligkeitsentschädigung nach dem Widerruf von Hauskrediten. Mit Bankright.dekann man seinen Immobilienkredit zurückfordern. Geblitzt.de hilft bei Bußgeldbescheiden. Aboalarm.de und Volders.de ermöglichen das rechtsichere kündigen von Verträgen. Rightmart.de prüft fehlerhafte Hartz4-Bescheide, Abmahnungen, Bußgeld-Bescheide sowie Ansprüche bei Pauschalreisen. DasRecht.dewill die Erstellung von Testamenten automatisieren. Mit MyRight.de kann man sich online einer Sammelklage gegen VW anschließen.

Angesichts der allgemein zu beobachtenden Aufbruchsstimmung ist zu erwarten, dass sich immer mehr Startups in diesem Gebiet tummeln werden. Die Rechtsberatung ist eine Industrie, die von Digitalisierung noch weitgehend unberührt ist. Das weckt Begehrlichkeiten, insbesondere bei Investoren, die nach Investitionsmöglichkeiten suchen und nicht in das x-te Fintech-Startup investieren wollen. Veränderungsdruck wird es aber auch seitens der Mandanten geben. Insbesondere Rechtsabteilungen werden darauf drängen, dass Methoden und Technologie (einschließlich Legal Tech) eingesetzt werden, um die Anwaltsrechnungen zu reduzieren und die Rechtsdienstleistung effektiver zu gestalten. Rechtsabteilungen werden in Zukunft vermehrt wie Unternehmen geführt werden. Dies wird, wie die eingangs erwähnte Studie ausführt, zu einem erheblichen Kostendruck auf Kanzleien und Anwälten führen. Dieser Kostendruck wird dazu führen, dass innovative Lösungen vermehrt eingesetzt werden und eine reelle Chance erhalten.

Auch Universitäten werden sich verstärkt mit dem Thema beschäftigen (müssen). Sie werden ihre Ausbildungsinhalte um Legal Tech Vorlesungen und Legal Innovation Kurse ergänzen, um Anwälte für das 21. Jahrhundert fit zu machen. Die Bucerius Law School hat im April die Einrichtung des “Bucerius Law Ports” angekündigt, an dem alle Initiativen der Hochschule zum Thema Legal Tech & Innovation gebündelt werden sollen.

Dies alles wird dazu führen, dass das Thema Legal Tech ein nachhaltiges Wachstum in Deutschland erfahren und die Rechtsbranche nachhaltig verändern wird. Eine spannende Zeit für Legal Tech in Deutschland.