Die vier wichtigsten Legal Tech Trends 2016

Auch wenn die Rechtsbranche nicht gerade einen Ruf als Innovationstreiber hat, zeigen Umfragen, dass sich viele Kanzleien und Rechtsabteilungen (zumindest in den USA) mit dem verstärkten Einsatz von Technologien bei der täglichen Arbeit beschäftigen. Legal Tech Blog hat einige Experten befragt, was die wichtigsten Trends für das Jahr 2016 im Bereich Legal Tech sein könnten. Folgende Trends werden für 2016 und darüber hinaus prognostiziert:

1. Einsatz von Data Analytics und künstlicher Intelligenz

Ein relativ einheitliches Meinungsbild ergibt sich, was den Einsatz von Data Analytics und/oder künstlicher Intelligenz in den nächsten Jahren betrifft. Vielen Kanzleien, Rechtsabteilungen und Anwälte werden in den nächsten Jahren die (durchaus verständliche) anfängliche Scheu ablegen und sich mit diesen Themen näher auseinandersetzen. Kanzleien und Anwälte werden sich in den beschriebenen Bereichen fortbilden und Expertise aufbauen und sich konkreter mit der Frage beschäftigen, wie “intelligente” Technologien im Rechtsalltag eingesetzt werden können, um juristische Dienstleistungen besser und effektiver gestalten zu können. Bereits vorhandene Lösungen werden verstärkt im Kanzleialltag getestet und verbessert werden. Intelligente Technologien werden dabei nicht nur im Bereich eDiscovery eingesetzt werden, sondern auch bei großvolumigen Rechtsberatungen, wie z.B. Due Diligence und Compliance. Ein großer Trend könnte z.B. sein, Data Analytics im Bereich Compliance zu verwenden, um in großen Unternehmen bereits frühzeitig und präventiv Rechtsverstößen zu entdecken bzw. vorzubeugen. Viele Kanzleien und Rechtsabteilungen werden sich fragen, wie sie ihre “Datenschätze” heben können, um angesammeltes Wissen besser nutzen zu können. Hier wird es viel Pionierarbeit bedürfen. Kanzleien werden sich überlegen, ob sie eigene Lösung entwickeln oder diesen Bereich outsourcen sollen. Vielleicht hat Riverview Law’s CEO, Karl Chapman mit seiner Vorhersage Recht, dass der Einsatz von künstlicher Intelligenz im Jahr 2020 die Norm in Kanzleien sein wird.

2. Einsatz von Cloud-Technologien und Datensicherheit

Im Markt lässt sich der generelle Trend beobachten, dass an Kanzleien immer höhere Ansprüche gestellt werden, um die Sicherheit von sensiblen Mandantendaten zu gewährleisten. Anwälte müssen sicherstellen, dass es durch die verstärkte Nutzung von modernen Kommunikationslösungen nicht zu einer verringerten Sicherheit für Mandantendaten kommt. Die Angst vor einem “data breach” wird dazu führen, dass viele Kanzleien und Anwälte substantielle Summen in die Sicherheitsinfrastruktur investieren müssen, um den Ansprüchen der Mandanten gerecht zu werden und das Sicherheitslevel generell zu erhöhen. Die Dringlichkeit dieses Thema hat sich zu fast allen Kanzleien herumgesprochen. Hier wird es für viele Unternehmen lukrative Tätigkeitsfelder geben. Den erhöhten Sicherheitsbestrebungen steht allerdings der Trend entgegen, Daten in die Cloud auszulagern. Kanzleien müssen eine vernünftige Balance zwischen Cloudlösungen und Sicherheitsaspekten finden. Beim Finden dieser richtigen Balance können aber auch bereits im Markt vorhandene Lösungen helfen. Diese Feld bietet viel Raum, für neue innovative Lösungen.

3. Smart Contracts

Ein weiterer Bereich, der derzeit große Beachtung findet und im Jahr 2016 viel Wachstum erleben wird, ist der Bereich der Smart Contracts. Hierunter kann man sich, vereinfacht gesagt, Programme vorstellen, die die Bedingungen eines Vertrages computerbasiert kontrollieren und einzelne Vertragsbestandteile automatisiert ausführen können. Verträge werden nicht mehr mit Sprache und Papier festgehalten, sondern mit Computercode. Um die Integrität und Verlässlichkeit der Daten zu gewährleisten, kann die Blockchain oder vergleichbare Technologien eingesetzt werden. 2015 war gewissermaßen die Geburtstunde von Smart Contracts auf einem kommerziellen Level. Im Jahr 2016 wird man beobachten können, dass immer mehr Unternehmen in diesen Bereich drängen werden. Der Wettbewerb um die besten Smart Contracts wird international ausgetragen werden. In einem weitgehend transparenten Markt werden sich die besten Smart Contracts, ähnlich wie beispielsweise Smartphone-Apps, durchsetzen. Der Startschuss hierfür ist bereits gefallen. In 2016 werden sich erste Produkte in der Praxis bewähren (müssen) und neue Produkte auf den Markt kommen. Smart Contracts müssen insbesondere beweisen, dass sie anwenderfreundlich und gut handhabbar sind, so dass sie ein breites Publikum ansprechen können. Auch müssen Risiken, z.B. Haftungsfragen, geklärt werden.

4. Projektmanagement

Aufgrund verschiedener Marktentwicklungen (“more for less”, Kostendruck) wird es für Kanzleien wichtig sein, in den nächsten Jahren effektiver zu werden. Zu diesem Zweck werden vermehrt Managementlösungen eingesetzt werden, um Projekte schneller, effizienter und in großen Teams bearbeiten zu können. Es gibt bereits viele Managementansätze auf dem Markt (z.B. Agile Project Management, Six Sigma), die aber eher in anderen Branchen und Industrien eingesetzt werden und bei Kanzleien zumeist noch völlig unbekannt sind. Kanzleien werden in den nächsten Jahren ihre Zurückhaltung aufgeben und diese Technologien und Methoden vermehrt einsetzen, um bspw. Teams und Projekte weltweit zu koordinieren und Projekte effizienter zu gestalten. Es wird zu einem begrüßenswerten Wissenstransfer von anderen Branchen kommen. Anwälte werden sich vermehrt mit dem Projektmanagement- und Qualitätssicherungstechniken auseinandersetzen. Um effektiver zu werden, werden Kanzleien auch in eine verbesserte Wissensverwaltung (Knowledge Management) investieren, um bereits vorhandenes Wissen einfacher zugänglich zu machen.